Derham

Über den Wolken, Raben gleich, schweben die rauhkehligen Lumpenbrüder über den Gefilden des riesigen heimatlichen Eiswaldes, um auszuschauen in die Ferne und einzuschauen in die weite Vergangenheit.

Haamit

Im Osten grüßt Väterchen Frost, klirrt klingelnd klare Kristalle. Im Norden winkt uns Frau Holle, wirft weiße Wehen weit in das Land. Von Süden berührt uns die Sonne, die liebe gute Mutter Sonne, grellt glutend gleißend Glanz über den Tag. Und im Westen? Wir lassen den Blick schweifen, Hunderte Kilometer, da...

... läuft gerade ein halbes Dutzend Nerother Wandervögel durch den Steigerwald, stolz emporgereckt den Wimpel mit dem Adler, und begegnet einigen versoffenen Gestalten mit Hüten, Lodenmänteln und Klampfen. "Ey, ihr seid doch die Lumpenbrüder!", ruft einer. "Hä, was sind wir nicht, äh oder doch? Nein nicht!" Die Nerother beharren jedoch: "Na klar, ihr klaut unsere Lieder!". Ein bärtiger Geselle kramt in seinem Sack: "Quatsch, wir klauen alles mögliche, aber doch keine Lieder! Hier, eine Flasche Schnaps, genehmigt euch einen." Die Nerother nippen vorsichtig. Die Flasche ist kaum angeleert, als sie bei dem Ziegenbärtigen mit dem zerlederten Hut und dem großen Wanderstecken wieder anlangt, der sich selbst einen großen Hieb genehmigt. Mißtrauen schlägt ihm und seiner Rasselbande entgegen: "Klar seid ihr Lumpenbrüder!" Der Bärtige kichert: "Ach hört auf, ich bin schon seit vier Jahren unterwegs, ich kenne nichts und niemanden mehr!" Die Flasche wird erneut herumgereicht. Ungläubige Blicke bei den Nerothern, die noch einmal nachdenklich nippen und sich die Verdächtigten genauer ansehen: zwei sind zerlumpt und offensichtlich die Anführer, die anderen reckenhafte Rauhbeine, die wohl eher die Wanderlust, denn die Not in die eisige Welt geschleudert haben mag... Der Bärtige verpackt seine Flasche, schnürt sein Ränzlein und wünscht Lebewohl. Glucksendes Lallen entfährt ihm noch, der wie eine Schwadengestalt mit den Seinen, rauhen Rabauken gleich ihm, weitergeht, unbekannten Zieles zu.

Wieder heimgekehrt von den Höhen der heimatlichen Himmelswelt hocken an jenem Abend die Lumpenbrüder derham an der warmen Ufenbank beim Hutznohmd mit holden Frauen und singen zu Geigen und Gitarren besinnlich und mehrstimmig Lieder, während Kasperle, Seppl, das Krokodil und der Polizist Mannichl auch die Jüngsten unterhält. Denn wer die Lumpenbrüder wirklich kennt, der weiß: So garstig, wie man sie verdächtigt, sind sie meist garnicht. Und wer das nicht glaubt, der frage den bärtigen Säufer.

Und wer überhaupt die ganze Geschichte nicht glaubt, der erkundige sich bei den Nerothern und sei sich zudem gewiß, daß auch er eines Tages - vor allem um die Rauhnächte - recht merkwürdige Begegnungen haben könnte, die nicht immer die Lumpenbrüder in natura sein müssen.